LadyElayza
Supermoderator
(Ich hab nen informativen Jahresrückblick von 2003 und hab gedacht, dass einige Themen fürs Board interessant sein könnten.)
JULI 2003:
Der Bauch ist frei. Ein Schulsenator auf Nabelschau
Vielleicht lag es an dem ewigen, heißen Sommer: Auf einmal war sie jedenfalls da, die Debatte, ob es schicklich sei, wenn junge Mädchen bauchfrei in den Unterricht kommen.
Eine kurze Straßenumfrage in Berlin: "Bauchfrei? So laufen bei uns eigentlich nur noch die Jüngeren rum", sagt die 15-jährige Jessica. "Die wollen halt sein wie Britney Spears." Ihre Freundin Katharina stimmt zu und versteht die ganze Aufregung nicht. War die ganze Bauchfrei-Debatte also bloß Sommerloch-Theater?
Bremer Schulsenator fordert Respekt
Anfang Juli hatte Bremens Schulsenator Willi Lemke (SPD) gefordert, dass sich Mädchen im Klassenzimmer gefälligst "ordentlich anziehen" sollten. Die "Reizwäsche", mit der viele junge Mädchen zur Schule kämen, könnten sie in der Disco oder in die Badeanstalt tragen. Lemkes Anliegen: Die heutige Schülergeneration müsse lernen, Regeln und Grenzen zu respektieren: "Sie müssen sich wieder höflicher, respektvoller verhalten - gegenüber Gleichaltrigen und älteren Menschen."
Länder sehen keinen Handlungsbedarf
Großen Beifall erzielt Lemke mit seiner Brandrede allerdings nicht. Seine Ministerkollegen aus den Ländern sehen keinen Handlungsbedarf. Aus dem nordrhein-westfälischen Schulministerium in Düsseldorf verlautet, es sei Privatsache, wie Schüler sich kleideten. Davon unabhängig stehe es aber jeder Schule frei, sich selbst eine Kleiderordnung zu geben. Im Übrigen seien die Eltern für die Kleidung ihrer Kinder verantwortlich. Christel Dahmen von der Schulaufsicht in Dortmund wünscht sich allerdings, dass das Thema verstärkt im Unterricht zur Sprache gebracht wird.
Selbst Konservative warnen vor Pauschalurteilen
In Thüringen warnt das zuständige Ministerium mit Hinblick auf Lemkes Äußerungen vor einer "unzulässigen Verallgemeinerung". Und selbst die bayerische Kultusministerin, Monika Hohlmeier, sonst immer für Moralthemen zu haben, verwehrt sich dagegen, "alle Schüler pauschal über einen Kamm zu scheren". Am elegantesten bog der Berliner Bildungssenator Klaus Böger (SPD) die Vorwürfe seines Parteifreundes ab: Schon bei den alten Griechen habe es Klagen über die angeblich schlecht erzogene junge Generation gegeben. Insofern sei Lemkes Kritik "nichts Neues".
Schulinform keine Lösung
Auch von der Idee Schuluniformen einzuführen, um das Kleidungsproblem in den Griff zu bekommen, hält man in Berlin wenig. Das sei in einer multikulturellen Metropole wie Berlin "gar nicht durchsetzbar". Und aus Bayern heißt es lapidar, es sei den Schulen schon heute unbenommen, sich mit Schülern und Eltern auf die Einführung von Schuluniformen zu einigen. Dem Kultusministerium sei bisher jedoch kein solcher Fall bekannt geworden.
"Hilfe, ich bin eine Sexbombe..."
Die Grüne Jugend Nordrhein-Westfalen reagierte prompt auf Lemkes Schülerschelte und bot - mit freundlicher Unterstützung der "Bild"-Zeitung - T-Shirts feil, auf denen zu lesen stand: "Hilfe, ich bin eine Sexbombe und lenke meine Lehrer ab".
Lehrer wollen lieber das individuelle Gespräch suchen
Aber die sehen das nicht so verbissen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, eher ein Konservativer, bemerkt: "Ich glaube nicht, dass die freizügige Bekleidung von Schülerinnen ein Problem darstellt." In 95 Prozent der Fälle ließen sich solche Fragen im Gespräch mit den Mädchen und ihren Eltern "geräuschlos lösen".
JULI 2003:
Der Bauch ist frei. Ein Schulsenator auf Nabelschau
Vielleicht lag es an dem ewigen, heißen Sommer: Auf einmal war sie jedenfalls da, die Debatte, ob es schicklich sei, wenn junge Mädchen bauchfrei in den Unterricht kommen.
Eine kurze Straßenumfrage in Berlin: "Bauchfrei? So laufen bei uns eigentlich nur noch die Jüngeren rum", sagt die 15-jährige Jessica. "Die wollen halt sein wie Britney Spears." Ihre Freundin Katharina stimmt zu und versteht die ganze Aufregung nicht. War die ganze Bauchfrei-Debatte also bloß Sommerloch-Theater?
Bremer Schulsenator fordert Respekt
Anfang Juli hatte Bremens Schulsenator Willi Lemke (SPD) gefordert, dass sich Mädchen im Klassenzimmer gefälligst "ordentlich anziehen" sollten. Die "Reizwäsche", mit der viele junge Mädchen zur Schule kämen, könnten sie in der Disco oder in die Badeanstalt tragen. Lemkes Anliegen: Die heutige Schülergeneration müsse lernen, Regeln und Grenzen zu respektieren: "Sie müssen sich wieder höflicher, respektvoller verhalten - gegenüber Gleichaltrigen und älteren Menschen."
Länder sehen keinen Handlungsbedarf
Großen Beifall erzielt Lemke mit seiner Brandrede allerdings nicht. Seine Ministerkollegen aus den Ländern sehen keinen Handlungsbedarf. Aus dem nordrhein-westfälischen Schulministerium in Düsseldorf verlautet, es sei Privatsache, wie Schüler sich kleideten. Davon unabhängig stehe es aber jeder Schule frei, sich selbst eine Kleiderordnung zu geben. Im Übrigen seien die Eltern für die Kleidung ihrer Kinder verantwortlich. Christel Dahmen von der Schulaufsicht in Dortmund wünscht sich allerdings, dass das Thema verstärkt im Unterricht zur Sprache gebracht wird.
Selbst Konservative warnen vor Pauschalurteilen
In Thüringen warnt das zuständige Ministerium mit Hinblick auf Lemkes Äußerungen vor einer "unzulässigen Verallgemeinerung". Und selbst die bayerische Kultusministerin, Monika Hohlmeier, sonst immer für Moralthemen zu haben, verwehrt sich dagegen, "alle Schüler pauschal über einen Kamm zu scheren". Am elegantesten bog der Berliner Bildungssenator Klaus Böger (SPD) die Vorwürfe seines Parteifreundes ab: Schon bei den alten Griechen habe es Klagen über die angeblich schlecht erzogene junge Generation gegeben. Insofern sei Lemkes Kritik "nichts Neues".
Schulinform keine Lösung
Auch von der Idee Schuluniformen einzuführen, um das Kleidungsproblem in den Griff zu bekommen, hält man in Berlin wenig. Das sei in einer multikulturellen Metropole wie Berlin "gar nicht durchsetzbar". Und aus Bayern heißt es lapidar, es sei den Schulen schon heute unbenommen, sich mit Schülern und Eltern auf die Einführung von Schuluniformen zu einigen. Dem Kultusministerium sei bisher jedoch kein solcher Fall bekannt geworden.
"Hilfe, ich bin eine Sexbombe..."
Die Grüne Jugend Nordrhein-Westfalen reagierte prompt auf Lemkes Schülerschelte und bot - mit freundlicher Unterstützung der "Bild"-Zeitung - T-Shirts feil, auf denen zu lesen stand: "Hilfe, ich bin eine Sexbombe und lenke meine Lehrer ab".
Lehrer wollen lieber das individuelle Gespräch suchen
Aber die sehen das nicht so verbissen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, eher ein Konservativer, bemerkt: "Ich glaube nicht, dass die freizügige Bekleidung von Schülerinnen ein Problem darstellt." In 95 Prozent der Fälle ließen sich solche Fragen im Gespräch mit den Mädchen und ihren Eltern "geräuschlos lösen".